Folge 4: Max Volbers - der Preisträger des DMW und "Nachwuchskünstler des Jahres" (OPUS KLASSIK) im Gespräch
Shownotes
Max Volbers ist als Blockflötist, Cembalist sowie Ensembleleiter einer der vielseitigsten jungen Musiker im Bereich der Alten Musik. Mit seiner Blockflöte erobert er die Herzen - nicht nur der Alten Musik-Szene. 2021 wurde er Preisträger des Deutschen Musikwettbewerbs, seine Debüt-CD "Whispers of Tradition" aus der Preisträger*innen-Reihe des Deutschen Musikwettbewerbs beim Label GENUIN wurde mit dem OPUS KLASSIK in der Kategorie “Nachwuchskünstler des Jahres” ausgezeichnet. Wir sprechen mit ihm über seinen Erfolg, die Bedeutung von Wettbewerben und warum er sich in der Zukunftswerkstatt des Deutschen Musikrates engagiert.
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Podcast
Folge 4 Max Volbers
Gemeinsam für Musik der Podcast des Deutschen Musikrates.
Willkommen zu Gemeinsam für Musik. Mein Name ist Claudia Rometsch und zu Gast in dieser Folge ist Max Volbers. Er ist Blockflötist, Cembalist und Ensembleleiter. Und er gilt als einer der vielseitigsten Musiker im Bereich der Alten Musik. Für seine Arbeit wurde er mehrfach ausgezeichnet, unter anderem als Preisträger des Deutschen Musikwettbewerbs. Das ist ein Projekt des Deutschen Musikrates. Einen besonderen Preis konnte er im vergangenen Herbst in Empfang nehmen. Da nämlich wurde er mit dem Opus Classic als bester Nachwuchskünstler des Jahres ausgezeichnet. Und zwar gleich für seine erste CD. Hören wir zunächst einmal ganz kurz rein, und zwar einen Ausschnitt aus dem Pasticcio Konzert in C dur von Johann Sebastian Bach, arrangiert von Max Volbers.
Soweit die Kostprobe aus der CD von Max Volbers, mit dem ich nun sprechen möchte. Guten Tag, Max Volbers.
Hallo Frau Rometsch.
2021 waren Sie ja Preisträger des Deutschen Musikwettbewerbs. Teil des Preises war es dann, dass Sie eben diese erste CD aufnehmen konnten, in die wir gerade kurz reingehört haben. „Whispers of Tradition“ lautet der Titel. Und eben für diese Produktion haben Sie nun im vergangenen Jahr noch einen renommierten Preis gewonnen, nämlich den Opus Klassik. Vielleicht können Sie uns erzählen, was ist denn das Besondere an dieser CD?
Ja, also... ich hab sehr sehr lange am Reißbrett gesessen für diese CD. Die erste CD ist ja was Besonderes und man will ja ne Art musikalische Visitenkarte vielleicht abliefern. Und ich hab versucht rauszufinden, was ist eigentlich dein Herzensrepertoire oder was bewegt dich im Moment besonders am Instrument. Und bin dann drauf gekommen: eigentlich ging es mir zu dieser Zeit sehr sehr viel darum, die Grenzen des Repertoires für mein Instrument zu erweitern. Aber nicht sozusagen beliebig, sondern Techniken benutzen, die man zu der Zeit, wo die Musik komponiert wurde, die ich viel spiele, die eben dort verwendet wurden. Das klingt jetzt vielleicht erstmal ein bisschen verkopft, aber ich will es mal an ein paar Beispielen erklären. Es ist zum Beispiel so, dass Johann Sebastian Bach uns kein Konzert für die Blockflöte hinterlassen hat, gleichwohl die Blockflöte aber sehr oft in anderen Kontexten eingesetzt hat. In Kantaten zum Beispiel, in den Brandenburgischen Konzerten, die ja keine Solokonzerte sind, aber Concerti grossi. Und es ist auch so, dass Bach immer wieder alte Stücke recycelt hat, um neue Werke zu schreiben. Und diesen Gedanken folgend habe ich mir gedacht: ok, jetzt stellst du mal ein Konzert zusammen aus bereits existierenden Stücken - oder Werken von Bach - in einen neuen Kontext hinein und spekulierst mal, wie hätte er so ein Blockflötenkonzert aus alten Stücken recycelt. Ja? Und also was Altes genommen und was, was Neues daraus gemacht. Oder ich hab geschaut, wie waren die Bearbeitungstechniken im 18. Jahrhundert, wie hat man das gemacht, und diese Techniken auf andere Stücke angewendet. Und was dabei rausgekommen ist, ist ein ja einerseits sehr, sehr buntes Programm, also es sind sehr unterschiedliche Stücke in auch sehr unterschiedlichen Besetzungen, die aber alle diesem roten Faden folgen.
Sie sind also auf die Suche nach neuem Repertoire gegangen und haben Stücke für die Blockflöte transkribiert. Haben sie damit gerechnet, dass sie für diese Debüt-CD gleich mit dem Opus Klassik ausgezeichnet werden?
Um ehrlich zu sein, überhaupt nicht. Also wirklich nicht. Es hat mich dann aber auch sehr gefreut, einfach deshalb, weil ich versucht hab, mein Instrument nicht so sehr als Solo-Diva , sozusagen, darzustellen und auch, auch mich nicht so sehr in den Mittelpunkt zu rücken. Ich kam dann irgendwann drauf: huch, eigentlich geht's bei dieser ganzen Produktion irgendwie nur um dich. Und das ist natürlich was total Tolles und das ehrt mich total. Aber ich find, mein Instrument ist eigentlich n ziemlicher Teamplayer und so hab ich versucht auch die die Blockflöte darzustellen auf dieser CD. Also in ganz ganz unterschiedlichen Ensembleformationen und in unterschiedlichen musikalischen Funktionen. Und gerade weil das ganze Projekt kein Ich-Projekt ist, sozusagen, sondern ein Teamwork, hat es mich ganz besonders gefreut, diesen Preis zu erhalten. Und damit rechnen darf man, glaube ich, wirklich nicht. Und ja, es war wirklich eine sehr große Überraschung, als dann dieser Anruf aus Mainz kam.
Wir haben es schon erwähnt, sie haben 2021 den Deutschen Musikwettbewerb gewonnen, das hat Ihnen ja zum einen ermöglicht, eben diese CD aufzunehmen. Hatte denn diese Auszeichnung darüber hinaus noch Bedeutung für Ihre Arbeit?
Ja, der Deutsche Musikwettbewerb war für mich sicherlich der wichtigste Wettbewerb, den ich jemals gespielt hab. Es ist ja kein Wettbewerb, wo man zigtausende Euro Preisgeld mit nach Hause nimmt, aber stattdessen, was viel, viel Wichtigeres bekommt. Nämlich diese unglaubliche Anschlussförderung. Also, die CD haben Sie ja schon erwähnt, die man produzieren darf bei Genuin. Aber eben auch, dass man 3 Jahre wirklich ganz intensiv begleitet und unterstützt wird, sich mit jeder Frage ans Team wenden darf. Dass man sehr, sehr viele Konzerte spielen kann, dass man auch ein Programm immer mal wieder - oder ganz oft - ausprobieren kann, dass man wirklich also in der Routine hineinkommt. Wann immer man zum Beispiel einen Vertrag zu unterschreiben hat, kann man den vorher zur Ansicht mal schicken oder sich beraten lassen. Man hat die Konzertförderung natürlich, wodurch man durch Veranstalterinnen und Veranstalter einfach viel, viel attraktiver wird als Künstler, weil die Gagen bezuschusst werden. Und so weiter und so weiter. Also dieses, dieses Bündel an Dingen, die man nach diesem Wettbewerb mitnimmt, das ist schon ziemlich einmalig. Und ich bin sehr, sehr dankbar für diese große Unterstützung, ohne die ich sicher nicht da wäre, wo ich heute bin.
Sie engagieren sich ja selbst auch ehrenamtlich in einem Fachausschuss des Deutschen Musikrates, nämlich in der Zukunftswerkstatt. Das ist, glaube ich, so eine Art Thinktank für die Zukunftsthemen des Musik- und Kulturlebens. Können Sie uns etwas darüber berichten, mit welchen Fragen Sie sich dort beschäftigen?
Es geht natürlich um aktuelle Dinge und um Dinge, die uns als allesamt noch recht junge Kulturschaffende aus ganz unterschiedlichen Spektren des Musiklebens bewegen. Es ging jetzt in der Pandemie zum Beispiel sehr, sehr viel um mentale Gesundheit. Auch den Stellenwert, den Mental Health hat für unsere Arbeit, dass da zum Beispiel Stigmata vorhanden sind, die abgebaut werden müssen, dass es eine gewisse Selbstverständlichkeit haben muss, dass man natürlich sich mit diesem Thema beschäftigen darf und und sollte. Einfach auch deshalb, weil wir einen mental sehr anstrengenden Beruf haben, gerade wenn wir freischaffend sind, den wir sehr, sehr lange ausüben müssen. Dann geht es natürlich viel um die Zukunft des Publikums. Wir haben ja in Corona und nach Corona gemerkt, dass das Publikum nicht nur gefehlt hat, sondern auch irgendwie nicht so wirklich wiederkam oder eigentlich jetzt erst wirklich wiederkommt. Wie erschließen wir neue Zielgruppen, aber auch, wie können wir noch besser das, was wir tun, in eine breitere Öffentlichkeit hinein transportieren. Wenn man Kommentarspalten liest - insbesondere in Corona war das eigentlich fast erschreckend - wenn es mal irgendwie einen Artikel in einem großen Online-Medium gab, in einer großen Tageszeitung oder so, über Hilfen für Musikerinnen und Musiker. Was dann in den Kommentaren zum Teil zu lesen war von Leuten, die da ja überhaupt kein Verständnis haben, dass denen jetzt noch Geld hinterhergeworfen wird, und dass es ja eh kein Mensch braucht und so weiter. Also wie können wir da für mehr Verständnis und Toleranz sorgen. Dann geht es natürlich ganz viel um freie Vergütungen für freie Musiker:innen. Wir haben auch sehr viel gesprochen über diesen ganzen Komplex Machtmissbrauch, me too, sexuelle Belästigung, wo die Debatte, glaube ich, viel, viel breiter geführt werden muss. Und wir müssen auch über Hochschulen reden und Ämter und so weiter. Das sind so die Themen, die uns beschäftigen.
Sie haben jetzt eben die Folgen der Pandemie angesprochen und auch andere Herausforderungen, mit denen sich junge Musikerinnen und Musiker heutzutage konfrontiert sehen. Was braucht denn der musikalische Nachwuchs aus ihrer Sicht, um sich in dieser Lage gut behaupten zu können?
Also ich glaub, anfangen müssen wir bei uns und vielleicht auch in der Ausbildung. Ich glaub das es zum Beispiel sehr, sehr wertvoll ist, dass es an vielen Hochschulen jetzt Career Centers gibt, also Orte, wo es Angebote gibt, die sozusagen für all das sorgen, was über das reine Bedienen des Instruments oder der Stimme hinausgeht. Also all das, was man braucht, um hinterher in der freien Wildbahn sozusagen überleben zu können. Skills wie „wie verhandle ich mit einem Veranstalter „wie baue ich mir eine Website“ oder „wie organisiere ich eigentlich selber ein Konzert“, was muss ich da alles beachten, wie vernetze ich mich, wie schreibe ich ein tolles Konzertprogramm, alle diese Punkte haben früher nicht wirklich eine große Rolle gespielt im Studium und das wird jetzt langsam besser, das finde ich sehr, sehr positiv.
Wie geht es denn für Sie persönlich weiter? Haben sie neue Projekte im Visier oder gibt es schon Pläne für eine Neue?
Die nächste CD ist sogar schon aufgenommen, die kommt irgendwann dieses Jahr noch raus. Ich werde mich in diesem Jahr mit 2 Projekten mit dem Thema „Musik und Migration“ beschäftigen. Das eine ist mit Concerto Köln im Rautenstrauch Joest Museum, wo wir mit Schülerinnen und Schülern an einem Projekt arbeiten, das „Roots“ heißt, wo es darum geht, ja wie Musik gereist ist, damals in der in der Barockzeit. Wir spielen zum Beispiel ein Stück aus Bolivien, aber auch syrische Musik, jüdische Musik, und es geht darum, dass die Schülerinnen und Schüler ihre Musik aus ihrer Heimat mitbringen. Das ist das eine Projekt. Und dann dreht sich meine neue CD auch um „Musik und Migration“ in London im 18. Jahrhundert. Was eigentlich die Stadt war, wo die meisten Ausländer tätig waren, die aus dem ganzen europäischen Ausland dorthin kamen, weil das einfach ne ganz, ganz attraktive Musikstadt war, wo es viel Arbeit gab, die alle ihren Stil mitgebracht haben und so den englischen Stil sehr, sehr stark beeinflusst haben. Also eigentlich ist der englische Stil im im 18. Jahrhundert ne Melange aus dem, was es natürlich schon gab dort und dann aus Frankreich, aus Deutschland, aus Italien. Aber auch aus Schweden zum Beispiel kamen die die Musiker nach dort und haben das Musikleben bereichert. Und dann gibt es natürlich jede Menge Konzerte, ich lass es in der ersten Jahreshälfte ein bisschen ruhiger angehen und dann ab April geht es wieder richtig weiter.
Dann wünschen wir viel Erfolg dabei und vielen Dank für das Gespräch.
Vielen, vielen dank, Frau Rometsch.
Das war ein Gespräch mit dem Blockflötisten Max Wolbers in gemeinsam für Musik, dem Podcast des Deutschen Musikrates. Mehr über die Aktivitäten und Themen des Deutschen Musikrates finden Sie auf der Website www.musikrat.de.
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