Folge 10: Beethoven entschlüsseln. Der Dirigent und Komponist Tan Dun war mit dem Bundesjugendorchester auf Tour

Shownotes

Am 7. Mai 1824 erklang zum ersten Mal Ludwig van Beethovens 9. Sinfonie. Das Bundesjugendorchester und der Weltjugendchor feierten das 200. Jubiläum dieses Meisterwerkes im Sommer 2024 auf ganz besondere Weise: Erstmals gingen sie gemeinsam auf Tournee mit rund 90 Instrumenstalist:innen und ebenso vielen Sänger:innen aus 42 Nationen. Im Gepäck hatten die jungen Talente nicht nur Beethovens 9. Sinfonie, sondern auch ein brandneues Chorkonzert: das „Choral Concerto: Nine“ des weltbekannten Komponisten Tan Dun. In diesem Werk setzt sich Tan Dun mit Beethoven und Schillers „Ode an die Freude“ auseinander. Die Musikjournalistin Tabea Dupree hat mit ihm gesprochen über seine Inspiration und die musikalische Brücke, die er zwischen Vergangenheit und Gegenwart schlägt.
Moderation: Tabea Dupree
Voiceover: Rudolf Guckelsberger
Musik:
Ludwig van Beethoven: 4. Satz aus Sinfonie Nr. 9 d-Moll op. 125 (Ausschnitt)
Tan Dun: Choral Concerto: Nine (Ausschnitt)
Im Auftrag des Deutschen Musikrats, der BTHVN 2020 Jubiläumsgesellschaft, der Royal Philharmonic Society London, des Melbourne Symphony Orchestra und der Deutschen Welle

Bundesjugendorchester
World Youth Choir
Leitung: Tan Dun
(Live-Aufnahme der Deutschen Welle vom 7. September 2024 aus der Oper Bonn)

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INTRO DMR + Ausschnitt Beethoven 9. Sinfonie/ Finale Thema

Anmoderation:

Willkommen zu einer weiteren Folge „Gemeinsam für Musik“ – am Mikrofon begrüßt Sie Tabea Dupree.

Vor genau 200 Jahren ist diese Musik raus in die Welt gegangen. Ludwig van Beethovens 9. Sinfonie. Anlässlich dieses Jubiläums haben sich diesen Sommer erstmals zwei junge Spitzenensembles zusammengefunden, um Beethovens Neunte gemeinsam aufzuführen: Das Bundesjugendorchester und der Weltjugendchor. Beschenkt wurden die jungen Musikerinnen und Musiker außerdem mit einem ganz neuen Werk des chinesischen Star-Komponisten Tan Dun, weltbekannt unter anderem für seinen Oscar-prämierten Soundtrack zum Film „Tiger & Dragon“. „NINE“ heißt sein neues Chorkonzert, entstanden im Auftrag des Deutschen Musikrates, der BTHVN 2020 Jubiläumsgesellschaft, der Royal Philharmonic Society London und des Melbourne Symphony Orchestra. Ein ganz neues Werk also, in dem Tan Dun den Austausch mit Beethoven sucht – über 200 Jahre hinweg. Mit „Nine“ baut er eine musikalische Brücke zwischen Vergangenheit und Gegenwart, zwischen Orient und Okzident, zwischen Schillers „Ode an die Freude“ und jahrtausendealter chinesischer Philosophie. In dieser Podcastfolge spreche ich mit Tan Dun über dieses sehr besondere Projekt. Dafür ist er extra ins baden-württembergische Weikersheim angereist, um gemeinsam mit dem Bundesjugendorchester und dem Weltjugendchor zu arbeiten. Eine große gemeinsame Tournee wird hier vorbereitet, acht Konzerte in sieben Städten. Einige dieser Konzerte dirigiert der Komponist selbst. Ich treffe Tan Dun zwischen den Proben in Weikersheim. Unser Gespräch führen wir auf Englisch. Wie erlebt er dieses musikalische Zusammentreffen junger Menschen aus über 40 Ländern? Spürt er hier in Weikesheim eine Art jugendlichen „Götterfunken“?

O-Ton Tan Dun1: To me Beethoven Nine – it’s like a Bible, and I always dreamed to conduct Beethoven Nine as a conductor! But meanwhile, as a composer, I always dreamed to have a dialogue, to decode some very interesting things. For example, the sound of nature. Beethoven Nine, it’s kind of a peace written for the human being talking to the spirit, talking to the God. Actually, my choral concerto, I want to be setting up to for the human being talking to the nature. So, I always told myself, if someday I conduct this piece, I'd love to play it with the young people. Because I want to discover this or decode Beethoven with young people. And I find, German Youth Orchestra, actually, and this world choir come as the best of best wish of mine. So, as a composer, I have to say when I need to decode Beethoven, I need to have my music score as emptiness. The people be with me, should be open and liberal and so brave. They can do whatever they want to be. So, I said: I'm lucky because I had this Youth Orchestra of German. It's just incredible, it's the one of the best in the world. I find something in common withs youth orchestra because they are very light. They can accept anything. They can see you from any angle point of view and they're so innovative. But meanwhile, they're so light! They can fly anytime. We see knowledge, we see philosophy, we see culture, we see any kind of music cannot stop them to fly. Because they are they are light, they are angels. So, I need to be with this kind of people to decode Beethoven, because only young people can support you for all those strangeness, the feeling of emptiness. So here we are, actually with the world choir. I thought: the Choral Concerto - there is no Choral Concerto never, so it’s new, it’s one I'm trying to make up. But I found the Choral Concerto might be the best artistic format to do a vocalization through the sound of nature, since I am going to decode Beethoven from nature's point of view. And why not using the choral as a concerto format like a violin concerto, like a piano concerto. But use the choir, the vocalizations for the nature, for the river, for the wind, for the stones and sometimes for the metaverse, universe.

Voiceover Tan Dun1: Für mich ist Beethovens Neunte eine Art Bibel. Ich habe schon immer davon geträumt, sie zu dirigieren. Als Komponist wollte ich schon immer in einen Dialog damit treten, um ein paar sehr interessante Dinge darin zu entschlüsseln. Zum Beispiel den Klang der Natur. In Beethovens Neunter spricht der Mensch zu Gott. In meinem Chorkonzert wollte ich den Menschen zur Natur sprechen lassen. Ich habe mir immer gesagt, wenn ich dieses Werk irgendwann einmal dirigieren werden, möchte ich es unbedingt mit jungen Menschen aufführen. Ich möchte Beethoven gemeinsam mit Jugendlichen entdecken und entschlüsseln. Dafür hätte ich mir niemand besseres wünschen können als das Bundesjugendorchester und den Weltjugendchor. Wenn ich als Komponist Beethoven entschlüsseln möchte, dann müssen die Menschen, die das mit mir tun, offen dafür sein, liberal und mutig. Ich bin also sehr glücklich, mit dem Bundesjugendorchester zusammenzuarbeiten. Es ist unglaublich, eines der besten der Welt. Eine Sache haben alle Jugendorchester gemein: Sie sind alle hellwach. Sie machen alles mit. Sie nehmen dich aus einem ganz anderen Blickwinkel wahr und sind so erfindungsreich. Sie sind so unbeschwert und können jederzeit fliegen – wie Engel. Ich brauche diese jungen Menschen, um Beethoven zu entziffern, denn nur junge Menschen können dich so unterstützen. Und hier sind wir also, gemeinsam mit dem Weltjugendchor. Mich hat diese Form des Chorkonzerts gereizt. So etwas gab es bislang noch nicht. Es ist also etwas Neues, das ich auf den Weg bringe. Ich fand, dass ein Chorkonzert die beste Kunstform ist, um den Klang der Natur darzustellen, denn ich wollte Beethoven aus der Naturperspektive heraus entschlüsseln. Warum also nicht den Chor konzertieren lassen, wie bei einem Violinkonzert, wie bei einem Klavierkonzert. Der Chor kann der Natur seine Stimme geben, dem Fluss, dem Wind, den Steinen, dem Universum.

Ca. 15-25 Sekunden Musikausschnitt Tan Dun Choral Concerto als Trenner

O-Ton Tan Dun2: I dreamed, actually, to have a very young international open-minded choir, and now I have everything. So that's why sometimes I feel I'm lucky. I mean, the whole thing seems like being arranged by the nature, by the God to have this wonderful dialogue with my hero Beethoven.

Overvoice Tan Dun2: Ich habe immer davon geträumt, mit einem jungen, internationalen und aufgeschlossenen Chor zu arbeiten. Und das kann ich hier. Das macht mich glücklich. Alles hat sich auf natürliche oder göttliche Weise gefügt, um diesen wunderbaren Dialog mit meinem Helden Beethoven zu führen.

O-Ton Tabea 1: The orchestra members are generally between 14 and 19 years old. The singers of the World Youth Choir between 17 and 26. So young people who have their own view on the world and on our time what can you learn from this young people?

Overvoice Tabea 1: Die Orchestermitglieder des BJO sind idR. zwischen 14 und 19 Jahre alt, die Sängerinnen und Sänger des Weltjugendchores zwischen 17 und 26 Jahre – junge Menschen, die Ihre ganz eigene Sicht auf unsere Welt und unsere Zeit haben. Was können Sie von den jungen Menschen lernen?

O-Ton Tan Dun3: During those days, one thing really gave me enormous encourage, it’s how brief, how honest they could be. How they really spiritually be your partner. And all of those actually you cannot find in any sort of sophisticated art organization and orchestras sometimes. But only young people had that kind of quality and you felt you were actually getting much more from them rather than you gave to them actually.

Overvoice Tan Dun3: Während der letzten Tage hat mich eine Sache enorm bestärkt: Zu sehen, wie mutig, wie ehrlich sie sind. Wie sie zu deinen geistigen Partnern werden. Das findet man so in keiner professionellen Einrichtung oder in Orchestern. Nur junge Menschen haben diese Qualität. Man bekommt das Gefühl, dass sie dir viel mehr geben können als du ihnen.

O-Ton Tabea2: So over 170 young people from all over the world coming together here to one place, to rehearse, to live with each other for some days. Then going on tour. An orchestra or a choir is also like a small society, maybe a little society with its own dynamics. Are such encounters as here in Weikersheim an ideal of society, maybe an ideal of experiencing democracy?

Overvoice Tabea 2: Über 170 junge Menschen aus aller Welt kommen hier zusammen, machen gemeinsam Musik, leben einige Zeit miteinander. So ein Orchester, so ein Chor ist ja auch ein kleiner Kosmos für sich, ein Stück Gesellschaft mit eigenen Dynamiken. Sind solche Begegnungen wie hier in Weikersheim eine ideale Form unserer Gesellschaft? Um Demokratie aktiv zu leben, zu erleben?

O-Ton Tan Dun4: Yeah! It's a very small village, but it's a huge universe. You see people from 42 countries, they all speak different languages. They came from different cultural traditions and completely different directions.

But why we could be here perfectly as one? I think somehow music is very special. Music is the only language I think that could commute everybody together. And also, I felt, because we came from different cultural backgrounds, then the world becomes bigger. If everybody, 170 people came from just Germany, just from China, just from England or France – it's a small community. But when you come from 42 countries, come on, everybody in the world is part of it. Then you find that the smile is different. The accent is different.

People talking about anything is different. The world is so big here, because people, the young people, specifically the young come up!

Overvoice Tan Dun4: Es ist ein kleines Dorf und gleichzeitig ein ganzes Universum. Diese Menschen aus über 42 verschiedenen Ländern sprechen alle verschiedene Sprachen. Sie kommen aus unterschiedlichen Kulturen und Traditionen, aus den unterschiedlichsten Richtungen. Warum also können Sie hier perfekt miteinander verschmelzen? Musik ist die einzige Sprache, die jeden zueinander bringt. Und gerade weil wir hier alle unterschiedliche kulturelle Hintergründe haben, wird die Welt größer. Wenn alle 170 Menschen hier nur aus Deutschland, China oder nur aus England oder Frankreich kämen, wären wir eine kleine Gemeinschaft. Aber wenn wir aus 42 Ländern kommen, wird jeder auf dieser Welt Teil davon. Jedes Lächeln ist individuell, jeder Akzent, die Menschen reden über unterschiedliche Dinge. Hier wird die Welt groß, weil die jungen Menschen, gerade diese jungen Menschen zusammenkommen.

O-Ton Tabea 3: And they all have their own experience and perspective

Overvoice Tabea 3: Und sie alle haben ihre Erfahrungen und Perspektiven…

O-Ton Tan Dun5: And they are hungry spiritually. My God. So you start to realize this is so important to rediscover the Beethoven with them together.

Overvoice Tan Dun5: Und ihr Geist ist so hungrig! Dann begreift man, wie wichtig es ist, Beethoven mit ihnen wiederzuentdecken.

O-Ton Tabea 4: You already said that Beethoven Nine is your Bible. It’s a piece that really means something to you. I would say, it's a profound call for freedom, for fraternity, for equality, and the Ode to Joy is also the hymn of Europe nowadays. So what does freedom maybe means to you?

Overvoice Tabea 4: Sie haben erwähnt, dass Beethovens Neunte eine Art Bibel für Sie ist, ein Werk, dass Ihnen viel bedeutet. Es ist ein tiefes Plädoyer für Freiheit, Gleichheit, Brüderlichkeit. Die Ode an die Freude ist heute unsere Europahymne. Was bedeutet Ihnen Freiheit?

O-Ton Tan Dun6: Beethoven Nine is always been talked about Freedom, democracy, peace. I mean, whatever it's, a message from the god. Sometimes we have forgotten how perfectly this piece was created. And sometimes I have to say, I never believe this piece was created by a human being. It's just so profound.

There's no single little place not convincing. To me, democracy is if you could have a choice, if you always could have freedom, if you always could express yourself, if you always could create, but meanwhile to help. It’s if you always could be free to share, and if you always could make a decision by yourself. Beethoven talks about everything. Only Beethoven talked about everything, and meanwhile, you can choose the best friend you want, meanwhile, you could treat everybody's brother and sisters no matter where they are, where they belong to, what kind of language is speaking, what kind of culture they came from.

But everybody is your brother. Only Beethoven had this kind of spirit 200 years ago!

If it's not Beethoven, maybe if it's me or somebody else saying this in their country in their territory, they may be killed – it’s not allowed. It's dangerous. But Beethoven is brave. I have to say Beethoven, I is still the best teaching book for all composer along all those ages and the years. But there are a lot of things that still need to be decoded. A lot of people maybe not realized how many nature-sounds being inherited here. And also how many different kind of cultures being introduced here and how bravely he treated everybody equal.

I think this is a wonderful time for me to take this opportunity. I have to say the German people organizations and the British Royal Philharmonic Society and the Melbourne Symphony Orchestra, the Beethoven house, the Beethoven festival, German National Youth Orchestra - they really, really made this chance for me.

And I have to say I just feel so lucky! Waited for 200 years at this. I was always telling me if some other composer needs to have the same kind of opportunity, he has to wait for another 50 years or 100 years.

Overvoice Tan Dun6: Beethovens Neunte wird immer mit Freiheit, Demokratie und Frieden verbunden. Es ist eine göttliche Botschaft. Darüber vergessen wir aber manchmal, wie perfekt dieses Werk gemacht ist. Manchmal kann ich kaum glauben, dass dieses Stück von einem Menschen geschaffen wurde. Es ist so tiefgründig! Es gibt keine Stelle darin, die nicht überzeugt. Für mich ist Demokratie, wenn du eine Wahl hast, wenn du immer Frieden haben kannst, wenn du dich immer selbst ausdrücken kannst, wenn du etwas erschaffen kannst, helfen kannst. Demokratie ist, wenn du frei bist, dich mitzuteilen, und wenn du deine eigenen Entscheidungen treffen kannst. Beethoven spricht das alles an – nur er. Alle Menschen werden Brüder und Schwestern, egal, wer sie sind, wo sie hingehören, was für eine Sprache sie sprechen, welcher Kultur sie angehören. Jeder ist dein Bruder. Vor 200 Jahren hat Beethoven diese Haltung gehabt. Wenn ich oder jemand anderes in einem anderen Land so eine Botschaft verkünden würde, könnte man getötet werden, weil es verboten ist, weil es gefährlich ist. Aber Beethoven ist mutig. Beethovens Neunte ist das beste Lehrbuch aller Zeiten für sämtliche Komponistinnen und Komponisten. Aber es gibt immer noch Dinge darin, die es zu entschlüsseln gilt. Viele Menschen erkennen nicht, wie viele Naturklänge darin überliefert sind und wie viele unterschiedliche Kulturen darin eingeflossen sind und wie alles gleichwertig ist. Es ist eine wunderbare Zeit für mich, um diese Möglichkeit wahrzunehmen. Die Menschen in Deutschland, des Beethovenhauses, des Beethoven Festival, die Britisch Royal Philharmonic Society, das Melbourne Symphony Orchestra und das Bundesjugendorchester – sie haben mir diese Möglichkeit gegeben. Das macht mich sehr glücklich! 200 Jahre hat es gedauert. Ein anderer Komponist müsste für eine ähnliche Chance vermutlich nochmal 50 oder 100 Jahre warten

O-Ton Tabea5: May I ask you: While composing…. It's a process. It's always a process, I can imagine, to get into an idea and to compose, to think about how to combine which idea. How was it to get in contact with Beethoven? Was it sometimes also struggling? Was it a joy? A pure joy? Did you have maybe sometimes too much respect? Or maybe you could take us into the process a bit. How was it your dialogue with Beethoven?

Overvoice Tabea5: Komponieren ist ein Prozess. Man bekommt eine Idee und überlegt, wie man welche Idee miteinander kombinieren kann. Wie war dabei Ihre Begegnung mit Beethoven? Haben Sie auch mal mit ihm gerungen? War es die pure Freude? Hat man auch mal Berührungsangst? Geben Sie uns gern einen Einblick in den Kompositionsprozess: Wie war es, in den Dialog mit Beethoven zu treten?

O-Ton Tan Dun7: It's like doing the mathematics sort of puzzles. To have a dialogue with Beethoven is just a game, and sometimes your failing. It’s a digital game, it’s a mathematics game because there's so many puzzles in it, and so many things need to be decoded. Actually, in the very, very beginning, you felt: Oh my God, it's like you're talking to the God. But actually, as long as you will be with God in the same channel you feel so free and then you find actually, God gave you everything for free, free thinking. Be free to fly. And Beethoven's music, Beethoven's thought, Beethoven's melody and the rhythms, Beethoven's counterpoint, Beethoven's repetition actually really made you be feeling so excited when you get into the world, decode with Beethoven. Then you find: It's just so playful. It's just like little kids, and they get into the sort of a garden. But there's so many unlimited puzzles. Then you find Beethoven actually is the most magical man. And when you analyze his puzzle and when you analyze his structure with all those notes coming as a game, you know, you find that he is not human being. So that's why I find: What a satisfaction I could have! I mean, I want to thank German people, Australian people, English people who give me this wonderful, wonderful multicultural opportunity to see Beethoven from a different angle, to have a dialogue with Beethoven from different cultures and also finally to have a Beethoven support to create a choral concerto. What a life! Life is so beautiful because of Beethoven!

Overvoice Tan Dun7: Es ist wie das Lösen eines mathematischen Puzzles. In den Dialog mit Beethoven zu treten, ist wie ein Spiel – manchmal verlierst du. Es gibt so viele Puzzlestücke darin, die man zusammensetzen muss. Ganz am Anfang war es für mich wie mit Gott zu sprechen. Doch irgendwann ist man auf derselben Frequenz und dann fühlt man sich frei. Freies Denken! Sei frei, um zu fliegen. Beethovens Musik, Beethovens Gedanken, Beethovens Melodien und Rhythmen, Beethovens Kontrapunkt – es ist wahnsinnig aufregend, in diese Welt einzutauchen, um Beethoven zu entschlüsseln. Dann merkt man: Es ist alles so spielerisch. Man fühlt sich wie ein kleines Kind im Garten mit all diesen unzähligen Puzzlestücken. Und dann wird dir bewusst: Beethoven ist ein Magier! Ich möchte den Menschen in Deutschland, Australien und England danken, die mir diese wunderbare, multikulturelle Möglichkeit gegeben haben, um Beethoven von einem anderen Blickwinkel aus zu betrachten, ein Zwiegespräch mit ihm zu führen über verschiedene Kulturen hinweg und ein Chorkonzert daraus zu kreieren. Das Leben ist so wunderschön – wegen Beethoven!

O-Ton Tabea6: And you also have the wonderful possibility to let the people know your thoughts. Because you're also the conductor of this piece. I can imagine that this is also a great possibility for you to be like a spreader also of your music. Your thoughts Or how do you feel about that? This two different ways of connecting to music.

Overvoice Tabea6: Und Sie haben die schöne Möglichkeiten, Ihre eigenen Ideen direkt zu vermitteln, wenn Sie Ihre eigenen Stücke dirigieren. Wie empfinden Sie diese Doppelfunktion?

O-Ton Tan Dun8: You know, my hero is always Mahler or Bernstein. And sometimes I also realize, actually, in the contemporary time, we always have the best conductors and the best composers being one.

Richard Strauss, Wagner and Gustav Mahler, Bernstein and Benjamin Britten. Look at this today, you know Gustavo Dudamel – composer, Esa-Pekka Salonen – Composer, Pierre Boulez – Composer. All those marvelous conductors. They are all composers. And to me, I have to say: As a conductor, I mostly trained myself from composing. But also as a composer, I was taken so much from conducting experience. Actually, I often tell my younger students: If you want to be a good composer, you have to learn conducting. But meanwhile, if you want to be a good conductor, you have to know a good composer and yourself might be knowing some composing. So, I'm lucky!

Overvoice Tan Dun8: Meine Helden sind Mahler oder Bernstein. Die besten Dirigenten sind auch Komponisten. Richard Strauss, Wagner, Gustav Mahler, Bernstein, Benjamin Britten. Schaut man sich die Dirigenten unserer Zeit an: Gustavo Dudamel – Komponist, Esa-Pekka Salonen – Komponist, Pierre Boulez – Komponist. All diese fantastischen Dirigenten sind auch Komponisten. Auch ich muss sagen: Das Komponieren hat mich als Dirigent geformt. Aber auch als Komponist hat mir meine Dirigiererfahrung geholfen. Wenn ich zum Beispiel für großes Sinfonieorchester komponiere, sagt der Dirigent in mir: Hey, mach’s dir nicht so schwer. Du musst das noch dirigieren! Man muss also einen simplen Weg finden, um Komplexität zu vermitteln – so denkt der Dirigent. Meinen Studierenden sage ich oft: Wenn ihr gute Komponisten werden wollt, müsst ihr lernen zu dirigieren. Wenn ihr gute Dirigenten werden wollt, müsst ihr einen guten Komponisten kennen oder selbst ein wenig komponieren können. Ich kann mich also glücklich schätzen!

O-Ton Tabea7: So maybe my impression about you is one plus one equals one.

Overvoice Tabea7: Bei Ihnen scheint eins plus eins eins zu ergeben!

O-Ton Tan Dun9: This is very interesting: Capitalists, they always thought one plus one equals three. Of course, the scientists always think one plus one equals two. Only artists, only Beethoven is saying one plus one plus one plus one plus one plus one by the end: It’s still one. I love that, one plus one equals one, because philosophically, technically, culturally it explains everything. It's like a mosaic, the whole philosophic idea. And the whole life to me is like a mosaic, it’s just the experience: one plus one plus one by the end, you see that one experience made you as a Titan. It’s a big mind.

Overvoice Tan Dun9: Das ist sehr interessant! Kapitalisten denken immer: Eins plus eins macht drei. Wissenschaftler denken: Eins plus eins macht zwei. Nur Künstler wie Beethoven sagen: Eins plus eins plus eins plus eins plus eins plus eins macht im Endeffekt immer noch eins. Ich liebe diesen Gedanken: Eins plus eins macht eins. Philosophisch, technisch, kulturell erklärt es alles! Diese philosophische Idee ist wie ein Mosaik. Das ganze Leben ist wie ein Mosaik. Eine Erfahrung summiert sich mit der nächsten und macht dich letztlich zum Titan – zu einem großen Geist.

O-Ton Tabea8 : One picture

Overvoice Tabea8: Ein Bild!

O-Ton Tan Dun10: One picture! So it's like a mosaic, out of many. But that one. Yeah.

O-Ton Tabea9: Thank you so much Tan Dun.

O-Ton Tan Dun11: Thank you.

Abmoderation: Der Komponist und Dirigent Tan Dun im Gespräch in dieser Folge „Gemeinsam für Musik“ – dem Podcast des Deutschen Musikrates. Sprecher war Rudolf Guckelsberger. Die große gemeinsame Sommertour von Bundesjugendorchester und Weltjugendchor war ein voller Erfolg. Konzerte führten die jungen Musikerinnen und Musiker ins Kloster Eberbach zum Rheingau Musik Festival, in den Concertgebouw nach Amsterdam, in die Glocke nach Bremen, in die Hamburger Elbphilharmonie, in die Berliner Gedächtniskirche, in den Dom in Brixen und zum Beethovenfest in die Oper Bonn. Die Deutsche Welle hat das Konzert in Bonn übrigens live gestreamt und mitgeschnitten. Ausschnitte waren auch hier im Podcast zu hören. Herzlichen Dank an dieser Stelle an Anastassia Boutsko für die freundliche Unterstützung! Den Videomitschnitt des Konzerts beim Beethovenfest Bonn vom 07. September finden Sie jetzt auch online auf dem Youtube-Kanal der Deutschen Welle. Reinklicken lohnt sich!

Mein Name ist Tabea Dupree. Ich sage Danke für’s Zuhören und bis zum nächsten Mal!

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